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Fragen und Antworten

Biosphärengebiete allgemein:

Zur Verfügung gestellt vom BSG-AO-Prozessteam Landratsamt Ravensburg (https://www.rv.de/landkreis/aktuelle+projekte/pruefprozess+biosphaerengebiet)

Was ist unter Biosphärengebieten zu verstehen?

Biosphärengebiete umfassen großräumige Kulturlandschaften mit charakteristischer und reicher Naturausstattung, die zu erhalten, zu fördern und zu entwickeln sind. Biosphärengebiete sind Modellregionen, die zeigen, wie sich Aktivitäten im Bereich der Wirtschaft, der Siedlungstätigkeit und des Tourismus zusammen mit den Belangen von Natur und Umwelt gemeinsam innovativ fortentwickeln können (Umweltministerium Baden-Württemberg). In Deutschland werden sie auch Biosphärenreservat oder Biosphärenregion genannt.

Was bedeutet der Begriff Großschutzgebiet?

Zu den Großschutzgebieten0000000A gehören Nationalparke, Biosphärengebiete und Naturparke. Diese Gebiete können darüber hinaus ganz oder teilweise z.B. als Naturschutzgebiete (NSG), Landschaftsschutzgebiete (LSG) oder Bestandteil des Natura 2000-Schutzgebietsnetzes ausgewiesen sein oder ein Prädikat besitzen, wie z.B. das Europadiplom oder die Anerkennung als UNESCO-Welterbe. Großschutzgebiete dienen alle dem Schutz großräumiger Landschaften, wobei jeweils der Schutz der Natur- und/oder der Kulturlandschaft im Vordergrund steht. (Quelle: Bundesamt für Naturschutz)

Biosphärengebiete gehören zwar zu den Großschutzgebieten. Sie verbinden wirtschaftliche und soziale Tätigkeiten des Menschen mit dem Schutz der Natur (Schützen durch Nützen). Es sind nur die Kern- und Pflegezonen Schutzgebiete mit entsprechenden Einschränkungen. Entwicklungszonen beinhalten keine Einschränkungen bezüglich Nutzung.

Erfordert die Ausweisung eines Biosphärengebietes die Ausweisung neuer Schutzgebietskategorien?

Die Ausweisung von Biosphärengebieten erfordern i. d. R. nicht die Ausweisung neuer Schutzgebietskategorien. Es wird vielmehr auf bestehende Schutzgebiete wie Naturschutz- oder FFH-Gebiete zurückgegriffen. Auf 3 Prozent der Flächen werden sogenannte Kernzonen (Wildnisgebiete) ausgewiesen. Liegen sie in Wäldern, haben sie einen Schutzstatus ähnlich eines Bannwaldes.

Einzelflächenbilanz /Gesamtflächenbilanz, d. h. können die Anteile der einzelnen Zonen in einzelnen Gemeinden unterschiedlich hoch sein, und am Ende muss über das gesamte BG hinweg der jeweilige Prozentanteil an Zonen vorhanden sein?

Ja. Entscheidend ist, dass über das gesamte Biosphärengebiet zumindest die jeweils erforderlichen Mindestanteile an Kern-, Pflege- und Entwicklungszonen vorhanden sind. Der Mindestanteil für Kernzonen beträgt 3 Prozent, für Pflegezonen 10 Prozent und für Entwicklungszonen 50 Prozent.

Kann eine Gemeinde nur Kern-/Pflegezonen einbringen, keine Entwicklungszonen?

Ja. Dies wird aber nicht empfohlen, da einerseits die „Musik“ der nachhaltigen Regionalentwicklung in dieser Zone stattfindet und eine Förderung von Infrastruktur durch ein Biosphärengebiet nicht möglich ist. Beispielsweise die Förderung von Molkereien, Käsereien, Mühlen oder Mostereien.

Wie erfolgt eine Finanzierung eines Biosphärengebietes?

In der Regel wird die Finanzierung zwischen Land zu 70 Prozent, Kommunen zu 30Prozent aufgeteilt. Der kommunale Anteil kann auch durch die Landkreise geleistet werden. Die genaue Aufteilung der Finanzierung ist Teil eines gemeinsamen Aushandlungsprozesses. Über diese Finanzierung wird das Personal der Geschäftsstelle finanziert und ein Budget in Höhe von 200.000 Eurojährlich für die Kofinanzierung von nachhaltigen Projekten bereitgestellt.

Sind Einbuchtungen/Fjorde möglich
bei der Abgrenzung eines BSG, falls eine Gemeinde sich nicht beteiligen möchte?
Oder ist auch eine „Insel“ mitten im BSG möglich?

Die Fläche/Gebietskulisse eines BSG sollte geschlossen sein. „Inseln mit einer Gemeinde/mit Gemeinden, die sich nicht am BSG beteiligen, sind nicht erwünscht. Nur sog. “Fjorde” sind möglich.

Was sind CCDA-Gebiete?

Bei Gesetzesvorhaben die Schutzgebiete betreffen, ist die Rede von „empfindlichen Gebieten“. Diese sind in der CDDA-Liste aufgeführt. Empfindliche Gebiete sind demzufolge Wasserschutzgebiete, Vogelschutzgebiete, FFH-Gebiete, Siedlungsgebiete und alle Gebiete, die in die gemeinsame Datenbank über ausgewiesene Schutzgebiete
(CCDA) aufgenommen wurden.
Die Common Database on Designated Areas (engl., kurz CDDA, dt. Gemeinsame Datenbank über ausgewiesene Schutzgebiete) ist eine Datenbank für offiziell ausgewiesene Schutzgebiete in Natur- und Landschaftsschutz wie z. B. Naturschutzgebiete, Landschaftsschutzgebiete, Nationalparks u. ä. in Europa. Diese werden von den jeweiligen Mitgliedsstaaten gemeldet.
Bisher sind die Biosphärengebiete nicht Teil der an die EU gemeldeten CDDA Gebiete. ABER: Aufgrund des Schutzgebietsziels (EU-BioDiv Strategie/ EU-VO Wiederherstellung Natur) wird das nach telefonischer Aussage des BfN gerade neu verhandelt. Der Diskussionstand ist Kern- und Pflegezone neu mit aufzunehmen. Eine Entscheidung diesbezüglich erfolgt voraussichtlich 2023.

Kernzone:

Welche Voraussetzungen sind erforderlich für die Ausweisung von Kernzonen?

Neben naturschutzfachlichen Voraussetzungen muss die Zustimmung des Eigentümers vorliegen. In der Kernzone soll sich die Natur vom Menschen möglichst unbeeinflusst entwickeln, menschliche Nutzungen sind auszuschließen. Der Schutz natürlicher bzw. naturnaher Ökosysteme genießt höchste Priorität. Die Kernzone muss groß genug sein, um eine natürliche Dynamik zu ermöglichen. Die Kernzone sollte mindestens 3 % der Gesamtfläche eines Biosphärenreservates einnehmen. Das Betreten ist in der Regel nur zum Zwecke der Forschung, des Monitorings oder der Bildung zulässig (Quelle: BfN). Diese Vorgabe führt in den Kernzonen de facto dazu, dass fast ausschließlich Waldgebiete und hier vor allem Bannwälder sowie Seen und Moore als Kernzone in Frage kommen.

Gibt es besondere Bestimmungen für die Gehölzpflege in der Kernzone?

Ersteinrichtende Maßnahmen dürfen nur naturschutzfachlich begründet mit dem Ziel der Entlassung der Kernzone in den Prozessschutz durchgeführt werden. Nutzungsaspekte dürfen allerdings bei der Durchführung von ersteinrichtenden Maßnahmen nicht ausschlaggebend sein.

Pflegezone:

Müssen zwingend alle land- und forstwirtschaftlichen Flächen eine Schutzstatus aufweisen, also NSG,
LSG, FFH, Vogelschutzgebiet, damit
die Ausweisung als Pflegezone
möglich ist?

Pflegezonen benötigen immer einen naturschutzrechtlichen Schutzstatus z.B. NSG, FFH-Gebiet (oder gleichwertiger Schutzstatus durch BSG-Verordnung). Kern- und Pflegezonen werden in der Biosphärengebiet-Verordnung (BG-VO) nach §23 NatSchG festgelegt. Spätere Veränderungen sind nur durch Änderung der BG-VO möglich.

Welche Auswirkungen hat die Aufnahme von landwirtschaftlichen Flächen in die Pflegezone?

Ziel ist nur landwirtschaftliche Flächen mit Schutzcharakter in die Pflegezonen aufzunehmen. Die bisherige Nutzung kann beibehalten werden. Beim Pflanzenschutz ist jedoch folgendes zu beachten: auf intensiv genutzten landwirtschaftlichen Flächen in Pflegezonen von Biosphärengebieten erfolgt eine Anwendung von Pflanzenschutzmitteln nach den Grundsätzen des Landes zum Integrierten Pflanzenschutz gemäß § 17c LLG
(IPS+). Der Einsatz von Glyphosat ist gänzlich verboten. Nach dem Bundesrecht ist grundsätzlich ein flächiger Einsatz von Biozidprodukten in Kern- und Pflegezonen verboten.
Unabhängig davon sind jedoch auch die Vorgaben des darunter liegenden naturschutzrechtlichen Schutzstatus (z. B. Naturschutzgebiet) einzuhalten.

Müssen alle Flächen in der
Pflegezone nach den gleichen Kriterien bewirtschaftet werden,
oder kann auch ein Anteil intensiver Landwirtschaft dabei sein? Welche Konsequenzen ergeben sich für einen konventionell wirtschaftenden Landwirt, dessen Flächen in der Pflegezone liegen:

Konventioneller Ackerbau sowie konventionelle Grünlandbewirtschaftung ist weiterhin möglich (in intensiv genutzten landwirtschaftlichen Gebieten), es gelten hierbei die Vorgaben zum Pflanzenschutz IPS+.
Nebeneinander liegende intensiv und extensiv bewirtschaftete Flächen sind in der Pflegezone möglich.

Werden zwingend alle bestehenden Schutzgebiete (NSG, FFH; VSG) in die Pflegezone mit einbezogen?

Nein, es werden nicht automatisch alle bestehenden Schutzgebiete als Pflegezone ausgewiesen. Wichtiges Kriterium ist, dass Pflege- und Kernzonen mindestens 20 Prozent eines Biosphärengebietes umfassen, d. h. bei 3 Prozent Kernzone müssen mindestens 17 Prozent Pflegezone vorhanden sein. Sobald diese 17 Prozent erreicht sind, müssen weitere Schutzgebiete nicht mehr herangezogen werden.
Nach Festlegung der Kernzone werden in Abstimmung mit den Gemeinden und Grundstückseigentümern Flächen nach naturschutzfachlichen Gründen ausgewiesen. Die Pflegezone umgibt die Kernzone möglichst vollständig (Pufferfunktion) oder nimmt Trittstein- und Vernetzungsfunktionen wahr.

Besteht die Gefahr, dass sich Pflegezonen ausweiten und auch in der Umgebung Restriktionen ausstrahlen?

Die bisher geltenden Regelungen aus dem Baurecht, Naturschutzrecht inkl. FFH gelten weiter und nach diesen wird geprüft. Wenn es zusätzliche Anforderungen geben soll, sind diese Ergebnis des ProzesseGibt es Vorgaben zu Auffüllungen oder Abgrabungen?s und werden mit allen Beteiligten besprochen.

Ist für die Einbeziehung von land- und forstwirtschaftlichen Flächen in die Pflegezone die Zustimmung der Eigentümer erforderlich?

Die Grundstückseigentümer werden bei diesem Vorgang beteiligt. Bei Einwendungen wird das Gespräch mit den Eigentümern gesucht, um Lösungen zu finden.

Ist ein Tausch von Acker-Grünland innerhalb einer Pflegezone möglich?
Gibt es diesbezüglich Vorgaben aufgrund der Eigenschaft als Pflegezone oder sind hier weiterhin die Regelungen vorliegender Schutzgebietskategorien entscheidend?

Hier sind die einschlägigen Vorgaben der jeweiligen Schutzgebietsverordnung maßgebend. Es gibt durch ein BSG keine weiteren Einschränkungen.

Sind privilegierte (z. B. landwirtschaftliche) Bauvorhaben in den Pflegezone möglich?

Auszug aus Schutzgebietsverordnung Schwarzwald:

Dem Schutzzweck dieser Verordnung stehen die Erweiterung und der Neubau nach § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB privilegierter baulicher Anlagen und örtlicher Versorgungsanlagen § 35 Abs. 1 Nr. 3 BauGB grundsätzlich nicht entgegen.

Sind sonstige Bauvorhaben in der Pflegezone möglich/Ausweisung von Baugebieten?

Nein, alle Handlungen, die zu einer Zerstörung, Beschädigung oder dauerhaften Störung der Pflegezonen, ihres Naturhaushalts oder im Sinne der Zielsetzung wesentlicher Bestandteile hiervon führen oder führen können, sind zu unterlassen. Dies ist bereits in den zugrundeliegenden Schutzkategorien geregelt (NSG; FFH etc.)

Können Veranstaltungen wie z.B. Wandertage in der Pflegezone stattfinden?

In der Pflegezone sind alle Nutzungen zulässig, die bereits vor Ausweisung des Biosphärengebiets im betreffenden Schutzgebiet zulässig sind. In den Kernzonen entscheidet das jeweilige gemeinsam mit den Kommunen, Regelbehörden sowie Vereinen erarbeitete Wegekonzept.

Gibt es Vorgaben zu Auffüllungen oder Abgrabungen?

In der Regel beinhaltet die Pflegezone ausschließlich Flächen, die bereits jetzt einen Schutzstatus haben. Es ändert sich an den bisher vorgesehenen Maßnahmen, die z.B. in Pflege- und Entwicklungsplänen bzw. Natura 2000- Managementplänen festgelegt sind, grundsätzlich nichts. In diesen Gebieten sind Aufschüttungen oder Bodenauffüllungen in der Regel unzulässig. Die fachlich zuständigen Behörden (Naturschutz-, Bodenschutz-, Forst-, Landwirtschafts-, Wasserbehörden) können hiervon Ausnahmen zulassen oder abweichende Regelungen treffen, wenn es aus fachlicher Sicht erforderlich ist.

Entwicklungszone:

Kann aus Entwicklungszone nach einigen Jahren Pflegezone werden? Wer legt dies fest?Kann es zu Verschiebungen bei der Abgrenzung der Zonen kommen?

Die Zonierung wird in der Biosphärengebiets-Verordnung festgelegt. Nachausweisungen und Flächenänderungen sind theoretisch möglich oder werden bei Abgrenzungsfehlern nach der Evaluierung durchgeführt.
Die Verordnung wird vom Land erlassen, die Interessen der Region werden jedoch hierbei berücksichtigt.

Welche Regeln – Restriktionen – Möglichkeiten gibt es in den Entwicklungszonen insbesondere aus Sicht Land- und Forstwirtschaft?

In der Entwicklungszone sind keine speziellen Maßnahmen gefordert. Hier werden insbesondere Maßnahmen zur nachhaltigen Entwicklung durchgeführt.

Entwicklungszonen: Inwiefern haben Gemeinden die Chance zu gestalten?

Hier werden insbesondere Modellprojekte zur nachhaltigen Nutzung gefördert. Förderung im Bereich der Nahversorgung/Infrastruktur/Bildung möglich. Hier sollten Beispiele eingebaut werden.

Fragen zur Land- und Forstwirtschaft:

Was bringt ein BSG den Landwirten vor Ort? Verbesserung bei der Vermarktung, nur Imagesache/Prestigesache?

Ein BSG bringt folgende Vorteile für die örtlichen Landwirt*innen: Bildung einer Dachmarke / Zusammenschluss von Initiativen bei der Vermarktung / bessere Vermarktungschancen durch Biosphärenlabel / Region kann sich abheben / Landwirte können besser umgehen mit den gesetzlichen Regelungen, die unabhängig von einem Biosphärengebiet kommen (Biodiv-Stärkungsgesetz, neue GAP, Klimaschutz)

Wird für das gesamte Biosphärengebiet die Umstellung auf biologische Landwirtschaft angestrebt?

Alle Landwirte, unabhängig von der Wirtschaftsform, haben weiterhin einen Platz bzw. sind weiterhin erwünscht, gerade im Rahmen eines Biosphärengebietes. Es soll die Vielfalt und die Nachhaltigkeit gefördert werden, weshalb eine vielfältige Landwirtschaft das Ziel ist, welche auf Basis von Nachhaltigkeit im hiesigen Raum eine Zukunft hat.

Dürfen Pestizide im Biosphärengebiet eingesetzt werden?

Einschlägige Vorschriften sind § 30a BNatSchG (Verbot von Bioziden in den Kern- und Pflegezonen von Bio-sphärengebieten) und § 34 NatSchG (Verbot von allen Pestiziden in Kern- und Pflegezonen soweit nicht land- oder fischereiwirtschaftliche Flächen) erhalten: Nach dem Bundesrecht ist grundsätzlich ein flächiger Einsatz von Biozid-Produkten in Kern- und Pflegezonen verboten. Die Entwicklungszone von Biosphärengebieten ist hiervon ausgenommen.
• Das Landesrecht regelt jeglichen Einsatz von Pestiziden, es gibt also keine Einschränkungen durch die Ausbringungsform („flächiger Einsatz“ oder „Spritzen oder Sprühen“). Das Verbot jeglichen Einsatzes aller Pestizide (Biozide und Pflanzenschutzmittel) gilt jedoch nur außerhalb der land- und fischereiwirtschaftlichen Flächen der Kern- und Pflegezonen.
• Im Einzelfall sind auf Antrag Ausnahmen von den Verboten möglich, die die HNB im Einvernehmen mit der HFB erlassen kann (Bsp. Borkenkäferkalamitäten).
• Aufgrund des besonderen Schutzzwecks einer Kernzone sind Kalamitäten dort nur in Ausnahmen zu bekämpfen.Außerhalb der Kernzone (also auch in der Pflege- und Entwicklungszone) müssen im Schadensfall jedoch wohl alle Maßnahmen ergriffen werden können um ein Übergreifen der Kalamität auf angrenzende (Wirtschafts-)Wälder zu verhindern.
Es handelt sich bei dem Verbot des Einsatzes von Biozid-Produkten also nicht um die gesamte Kulisse des Biosphärengebietes, sondern nur um die Kern- und Pflegezone, die sich ohnehin zum größten Teil aus bereits bestehenden Schutzgebieten (NSG, FFH-Gebiete o.ä.) zusammensetzt. Einschränkungen gelten unabhängig von der Ausweisung eines Biosphärenstatus. Zudem kann bei der Festlegung der Kern- und Pflegezonen darauf geachtet werden, dass Flächen der öffentlichen Hand betroffen sind.
Darüber hinaus muss nochmals betont werden, dass nach Landesrecht die Nutzung von Pflanzenschutzmittel auf land- und fischereiwirtschaftlichen Nutzflächen in Kern- und Pflegezonen nicht eingeschränkt ist.

Wie sehen die derzeitigen Entwicklungen bezüglich Pflanzenschutzmittel auf EU-Ebene aus?

Antwort:
Die EU hat derzeit im Rahmen einer Initiative Vorschläge zur „nachhaltige Verwendung von Pestiziden“ entworfen die sich aktuell bei der Kommission befindet. Die Frist zur Stellungnahme gegenüber der Kommission endete am 21.09.2022. Die EU-Kommission zeigt dabei drei Optionen auf. Bevorzugt wird ein rechtsverbindliches Reduktionsziel von 50 % auf EU-Ebene. Die Mitgliedstaaten sollen bei dieser Option ihre eigenen nationalen Reduktionsziele festsetzen.
Die Verordnung umfasst ein Totalverbot jeglicher Pflanzenschutzmittel für sogenannte empfindliche Gebiete. Ausnahmen sind nur für die Bekämpfung von Quarantäneschädlinge und invasive Arten vorgesehen. Das Totalverbot umfasst sämtliche Mittel, auch solche, die im ökologischen Landbau zugelassen sind. In den empfindlichen Gebieten dürfen daher nach dem Entwurf keinerlei Pflanzenschutzmittel mehr verwendet werden.
Die empfindlichen Gebiete sind Wasserschutzgebiete, Vogelschutzgebiete, FFH-Gebiete, Siedlungsgebiete und alle Gebiete, die in die gemeinsame Datenbank über ausgewiesene Schutzgebiete (CCDA) aufgenommen wurden.
In Deutschland umfasst diese Liste insb. alle Landschaftsschutzgebiete, alle Naturschutzgebiete und den Nationalpark. Biosphärengebiete sind nicht in dieser Kategorie enthalten. Der Entwurf für das Verbot umfasst daher die Biosphärengebiete nicht.

Darf in Biosphärengebieten noch gejagt werden? Und wie sieht es mit der Wildschadensregelung aus?

Grundsätzlich ist die Jagd in der jeweiligen Verordnung über das Biosphärengebiet geregelt. Sie kann auch über eine separate Allgemeinverfügung geregelt werden. Kernzone: In den Kernzonen soll sich die Natur möglichst unbeeinflusst durch den Menschen entwickeln können. Doch auch auf diesen Flächen kann eine angemessene und nicht wirtschaftlich orientierte Jagd zulässig sein, wenn das Wildtiermanagement den Zielsetzungen der Kernzone dient und entsprechend begründet werden kann. Bestes Beispiel hierfür wäre ein erhöhter Bestand an Schalenwild, der zum Verbiss und daher zur Beeinträchtigung verschiedener Baum- und Pflanzenarten führt und die charakteristische Waldgesellschaft gefährden könnte. Insbesondere in den Fällen, in denen auch in der Kernzone ein differenziertes Vorgehen erforderlich ist, kann dies in einer Allgemeinverfügung geregelt werden. Die Allgemeinverfügung wird geneinsam mit Forst, Naturschutz und Jägern erarbeitet.
Im Einzelfall können auch bei Jagdverboten in der Kernzone auf Antrag Ausnahmegenehmigungen erlassen werden (Bsp. ASP).
Pflege- und Entwicklungszone: Es bestehen keine Einschränkungen der Jagd in der Pflege- und Entwicklungszone. Die Jagd und Hege sind also zulässig, soweit sie der guten fachlichen Praxis einschließlich des § 5 Abs. 2 bis 4 des Bundesnaturschutzgesetzes bzw. den Grundsätzen der Waidgerechtigkeit und Anforderungen an eine ordnungsgemäße Hege entsprechen – wie außerhalb des Biosphärengebietes auch. Soweit es sich um Schonwald handelt, bleibt § 32 Abs. 5 LWaldG unberührt.
Auch die Reglungen bezüglich der Erstattung von Wildschäden gelten in den Pflege- und Entwicklungszonen gleichermaßen wie außerhalb dieser Gebiete.

Ist die Polterspritzung gegen Borkenkäfer im Biosphärengebiet möglich?

Nach dem Bundesrecht ist grundsätzlich ein Einsatz von Biozidprodukten in Kern- und Pflegezonen verboten; hierunter fällt auch ein Einsatz von Mitteln zur Bekämpfung des Borkenkäfers. Das Landesrecht ist insoweit noch weitergehender, da die Einschränkungen „flächiger Einsatz“ oder „Spritzen oder Sprühen“ nicht übernommen wurden, womit jeglicher Einsatz in den jeweiligen Schutzgebieten dem Grunde nach verboten ist. Allerdings sind im Einzelfall jedoch auf Antrag Ausnahmen von den Verboten möglich, die die höhere Naturschutzbehörde im Einvernehmen mit der höheren Forstbehörde erlassen kann.
In der Kernzone sind aufgrund des besonderen Schutzzwecks Kalamitäten grundsätzlich nicht zu bekämpfen.
Außerhalb der Kernzone (Pflege- und Entwicklungszone) müssen im Schadensfall jedoch alle Maßnahmen ergriffen werden können um ein Übergreifen der Kalamität auf angrenzende (Wirtschafts-)Wälder zu verhindern.

Erneuerbare Energien:

Sind Anlagen zur Erzeugung von erneuerbaren Energien in einem Biosphärengebiet möglich?

Windenergie:
a) Kernzone
Kernzonen unterliegen dabei dem gleich strengen Schutz wie Naturschutzgebiete. Für die Ebene der Regionalplanung wird zusätzlich im Windenergieerlass die Einhaltung eines Schutzabstands von 200 m um die Kernzonen empfohlen.
b) Pflegezone
In der Pflegezone können laut Windenergieerlass im Wege der Befreiung nur singuläre, keine großflächigen Eingriffe zugelassen werden. Sind die Befreiungsvoraussetzungen gegeben und wird dies unter Beteiligung der Naturschutzbehörde festgestellt, kann eine Planung von Windkraftstandorten in der Pflegezone erfolgen („Planung in die Befreiungslage hinein“).
Eine großflächige Inanspruchnahme der Pflegezone durch Windenergienutzung (Windparks) ist deswegen auszuschließen, weil hierfür eine Änderung der Biosphärengebietsverordnung erforderlich wäre, die – sofern an dem UNESCO-Status festgehalten werden soll – einen sehr aufwendigen Neuantrag auf Anerkennung bei der UNESCO erforderlich machen würde. Zudem bestünde dabei das Risiko, dass der UNESCO-Status nicht aufrechterhalten werden kann.
c) Entwicklungszone
Demgegenüber bestehen in den Entwicklungszonen nach dem Windenergieerlass grundsätzlich keine besonderen Vorgaben für die Planung von Windenergieanlagen
(Umweltministerium Baden-Württemberg).
Generell sind natürlich die einschlägigen Vorgaben der darunter liegenden Schutzgebietsart zu beachten.
Photovoltaik
Kernzone:
Solaranlagen sind in Kernzonen von Biosphärengebieten (§ 25 BnatSchG) nicht möglich Pflegezone:
Für Pflegezonen gilt ein Erlaubnisvorbehalt für die Errichtung baulicher Anlagen. Analog zu LSG kommt bei der Planung von Solaranlagen bei kleinräumiger Betroffenheit
(teilweises Hineinragen des Solarparkes in die Pflegezone) eine Planung in eine Befreiungslage in Betracht. Eine Erlaubnis ist in der Regel nicht geeignet, um einen Widerspruch des Vorhabens zum Schutzzweck der Verordnung auszuräumen. Großflächige bauliche Anlagen sind ausgeschlossen.

Nachhaltiger Tourismus:

In einem Biosphärengebiet sollen dezentrale Anlauf- und Informationsstellen zum Biosphärengebiet entstehen. Stehen diese in Konkurrenz zu den bestehenden Tourist-Informationen und Naturschutzzentren? Ist ein Verlust dieser zu erwarten?

Nein, es besteht keine Konkurrenz. Ziel ist es die bestehenden Tourist-Informationen und Naturschutzzentren in das Gesamtkonzept des Biosphärengebiets zu integrieren, so dass das bestehende Informations-, Freizeit und Bildungsangebot um die des Biosphärengebietes ergänzt werden und eine gemeinsame Konzeption und ein gemeinsames Marketing angestrebt wird. Ideen hierzu werden im Prüfprozess gesammelt. Die genaue Ausgestaltung erfolgt dann in einer etwaigen Rahmenkonzeption.

Ein Biosphärengebiet hat eine starke Strahlkraft auf Touristen. Ist ein Massentourismus zu erwarten, der weiteren Druck auf Naturschutzgebiete und die Land- und Forstwirtschaft ausübt?

Ziel eines Biosphärengebietes ist es einen nachhaltigen und naturverträglichen und -nahen Tourismus anzustreben. Dies entspricht auch den übergeordneten Zielen des Masterplanes der Oberschwaben Tourismus GmbH 2023 – 2027. Grundsätzlich ist von einem Betreten der möglichen zukünftigen Kernzonen abzusehen, es können aber beispielsweise in weniger sensiblen Bereichen der Kernzonen und entlang von Pflegezonen Kernzonenführungen angeboten werden. Ziel ist es auch Besucherlenkungssysteme in der Großregion umzusetzen. Ergänzt können diese durch Bildungs- und Aufklärungsmaßnahmen zum Verhalten in Biosphärengebiete (auch in Bezug auf land- und forstwirtschaftliche Flächen).

*Stand 17.11.2022. Die FAQ’s werden einer laufenden rechtlichen Klärung unterzogen.